Wir haben heute keine Lust auf ein Frühstück. Deswegen holen wir uns nur eine Tasse schaumigen Milchkaffee von der Hotelbar und setzen uns damit in den hübschen Innenhof. Die Sonne scheint und es herrscht diese gewisse Morgenfrische, die mit 18°C einen schönen Sommertag ankündigt. Es ist zwar erst 8.00 Uhr aber wir haben heute einen längeren Weg vor uns. Wir sind seltsam melancholisch-gelangweilter Stimmung und müde von den letzten Tagen.
Außerdem war unsere Frankreichreise immer in drei Teilen geplant: Normandie/Bretagne/Loire. Heute verlassen wir die Loire und die Reise strebt unaufhaltsam ihrem Ende zu. Auch Höhepunkte sind für heute keine geplant - also eine "reine Überstellungsfahrt von A nach B"? Diese lustlosen Gedanken treiben uns um, während wir den leckeren Kaffee schlürfen, das Gratiskeks knabbern und die Karte studieren. Der Kreis schließt sich, heute kommen wir wieder durch jene Regionen, die wir vor drei Wochen schon durchquert haben.
Wir überlegen nur ganz kurz, ob wir die paar Meter zum Campingplatz, der uns noch 70.- schuldet, fahren wollen. Aber was solls. Wozu der Ärger? Lieber klettern wir um 9.00 Uhr seufzend auf die Transalps. Los gehts! Wir bleiben auf der D951, die wir gestern schon nach Gien gefahren sind. Es geht unspektakulär am Loire-Ufer entlang. Wir bollern zwischen den bekannten abgeernteten Maisfeldern dahin und sehen den berühmten Fluss nur ganz selten. Er versteckt sich links von uns hinter dichtem Buschwerk.
Wir erreichen Beaulieu-sur-Loire, ein gepflegtes Dörfchen mit hübschem weißgekalkten Häusern, die mit Zierrat aus Backsteinen geschmückt sind. Uns irritiert allerdings der Blick auf das Kernkraftwerk Belleville, dessen fast 170m hohe Türme alles hier bei weitem überragen! Als Österreicher sind wir diesen Anblick von in der schönen Landschaft herumstehenden Reaktoren nicht gewohnt! Gestern kamen wir an einem solchen Kraftwerk vorbei und nun nur 35 km später noch eines?
In der Ortsmitte biegen wir links ab und überqueren auf der schmalen D965 die Loire. Eine kleine Hängebrücke bringt uns in das Département Loiret und wir verabschieden uns mit einem kurzen Blick aus den Augenwinkeln von dem Fluss, dem wir nun einige Tage gefolgt sind.
Die nächsten 50 km reissen wir in einem Rutsch ab. Die Straße bietet nur wenig Abwechslung und den Dörfern fehlt jeder Schmuck, jeder Charme. Sie sind sonderbar leblos, es gibt kaum Lokale, keine Geschäfte und nicht einmal eine versiffte Bar-Tabac, wo die Einheimischen gemeinsam stumm in ihr Bier starren können! Was für eine seltsame, verschlafene Gegend. Doch nach 10 km endet die monotone Fahrt! Unsere Straße ist mit unmissverständlichen Flatterleinen gesperrt. Ja, und es gibt eigentlich keine Umleitung, hier weiterzufahren. Da entdecken wir in der Karte einen kleinen Feldweg, der zwischen einigen Bauernhöfen auf der Luftlinie Richtung Auxerre führt. Den nehmen wir!
Über Stock und Stein finden wir auf der kleinen D1 direkt ins Zentrum der Kleinstadt. Während wir im dichten Verkehr durch die Stadt stauen, erkennen wir aus den Augenwinkeln, dass Auxerre eine durchaus sehenswerte Stadt wäre! Römer, Hunnen, Calvinisten, Königliche Truppen, Revolutionäre, Napoleon und auch die Österreicher haben sich diese Stadt an der Yonne irgendwann unter den Nagel gerissen und ihre Spuren hinterlassen und die Altstadt ist historisch-schmuck anzusehen!
Wir finden auf gut Glück ´raus aus dem Verkehrszentrum und bollern auf der N77 weiter gen Nordosten. Die Region Burgund-Franche-Comté zeichnet sich nicht durch aufregende Landschaften und nervenzerfetzende Aussichten aus und so stört uns nicht, dass die öde Straße nun nahezu schnurgerade weiterführt. Ehrlicherweise ist uns mittlerweile ziemlich langweilig.
Da kommt es wie gerufen, dass wir in Pontigny, einem weiteren blassen Dorf ohne Besonderheiten links eine Bar-Tabac entdecken! Die zwei wackeligen Tischchen mit ihren Plastikstühlen üben verläßlich ihre Anziehungskraft auf uns aus und wir werfen fast gleichzeitig Anker. Wir halten am Eingang der "Mairie" und wie in vielen solchen Orten ist das Rathaus das einzige geschmückte Haus.
Die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel, als wir beim "Heiligen Vincent" saftige Baguettes mit Thunfisch und Mayo mampfen und ein paar für diese Region traditionelle Meringues knuspern. Wie üblich haben wir die Leckereien bei der Bäckerei nebenan geholt und zum Kaffee einfach am Tisch ausgepackt. An diese bemerkenswerte Tradition haben wir uns längst gewöhnt. Ein würdiges Frühstück, wie wir finden! Es hat 25°C und wir halten es in der Sonne gut aus.
Wir legen uns auf der Karte einen Weg zurecht, denn wir wollen unbedingt Troyes umfahren: Zuviele Menschen, zuviel Verkehr! Es ist Punkt Mittag, als wir diesen gemütlichen Platz am Straßenrand verlassen. Das mittelalterliche Ur-Kloster der Zisterzienser, das seit 900 Jahren hier um die Ecke steht, haben wir ausgelassen. Wir hätten es besuchen sollen! Aber wir konnten noch nicht wissen, dass es drei Monate später in ein Luxushotel umgewidmet wird...
Bevor wir aufbrechen, stopft Angelika eine ansprechende Himbeer-Brioche mit ordentlich Zuckerguss ins Topcase. Vielleicht brauchen wir die später? Nur kurz nach unserer Pause umkurven wir in Saint-Florentin einen Kreisverkehr, der uns schlagartig bekannt vorkommt. Hier waren wir schon mal! Vor 16 Tagen kreuzten wir hier vorbei, auf dem Weg nach Fontainebleau! Das war am 4. Reisetag, als wir in der Hütte in Langres ... es fällt uns schwer, nicht sentimental zu werden. Was haben wir seitdem alles erlebt!
Als wir auf der N77 weiterdüsen, stellen wir demütig fest: Wir hätten vorhin nicht herumraunzen dürfen, von wegen fade Strecke. Den nun cruisen wir übers flache Land und schnurgeradeaus. Links und rechts erstrecken sich die staubigen Felder bis zum Horizont in verschiedenen Nuancen von staubigem Gelb. Die Fernsicht ist gewaltig, wenn es etwas zu sehen gäbe. Das Auge findet nichts, um sich festzuhalten! Wir halten stur unseren Kurs, bemüht, die Stadt Troyes südlich zu umfahren.
Fast sind wir froh, dass uns nach 35 km wieder eine Straßensperre zu einer kleinen Umleitung zwingt. Auf winzigen Güterwegen wie die D108/D1, auf denen wir uns mehrmals verfahren - und auch keine Menschenseele finden, um nach dem Weg zu fragen - stranden wir nach weiteren 35 km an einem belebten Badestrand in Mesnil-Saint-Pére. Das muss der künstlich angelegte Lac d´Orient sein!
Aus Naturschutzgründen hat man hier im Naturpark Forêt d'Orient einige Seen geschaffen, die mittlerweile als Freizeitoasen dienen. Während wir unseren Durst aus der Thermoskanne löschen und die von der Fahrt summenden Hände ausschütteln, beobachten wir Leute, die an ihren kleinen Booten herumbasteln und -säubern. Es ist schön hier! Eine perfekte Abwechslung gegen das öde Kilometerfressen vorhin. Wir mahnen einander zur Weiterfahrt. Wir haben erst die Hälfte der heutigen Strecke geschafft! Also los!
Wir kommen gut voran, als wir das Seeufer gen Norden umrunden. Die Fahrbahn hat die Qualität einer Schnellstraße und wir fahren entweder durch undurchdringlichen Wald oder der See ist von uns durch einen hohen Deich getrennt. Es gibt auch keine schönen Aussichten, als wir später auf den D400/D384 durch ausgestorbene Dörfer wie Brévonnes und über flache, trockene Ebenen brausen. Das "Grand Est" wird es wohl nicht auf unsere Liste der empfehlenswerten Reiseregionen schaffen...
70 km später wedeln wir uns wieder das bewährte Handzeichen für eine kurze Pause. Puuhh, hoffentlich lässt der Sturm bald nach! Es war eine anstrengende Etappe bis hierher! Wir sind müde und es ist heiß geworden. 29°C! Der erste ansprechende Schattenplatz bietet sich an der Einfahrt zu einem absurd großen Campingplatz mit dem abschreckend brüllenden Namen "Yelloh!"
Wir sind ja nun alles andere als Campingexperten und kennen fast nur die einfachen skandinavischen Plätze mit ihren kleinen, minimalistischen Hütten, die wir so lieben! Aber Campingplätze, die mit geheizten Pools, künstlichen Palmen, Mehrfach-Wasserrutschen und Animation werben, sind für uns das Gegenteil von Urlaub. Wie gut, dass nicht jeder in den Ferien das Gleiche sucht!
Das ausgetrocknete Gras raschelt unter unseren Stiefeln, als wir zu einer schweren Holzbank latschen, die etwas Schatten bietet. Während Angelika vorsichtig die letzten Reste aus der Thermoskanne einschenkt, säbelt Didi unsere hübsche Brioche in ehrgeizige Stücke. Meine Güte, ist das lecker! Während wir den fluffigen Kuchen mampfen, vereinbaren wir, dass wir die nächste größere Stadt einfach Luftlinie durchfahren. Wir sind zu faul, uns irgendwelche netten Umwege zu suchen. Saint-Dizier wird schon nicht so groß sein.
Tatsächlich bollern wir wenige Minuten später mitten durch die hübsche Kleinstadt, die mit ihren niedrigen Häusern fast dörflich wirkt. Eigentlich deuten nur die großräumigen Einkaufszentren am Stadtrand auf eine größere Ansiedlung hin. Wir finden den Weg diesmal leicht: Bar-le-Duc ist unser nächstes Ziel und tatsächlich an jeder Hausecke ausgeschildert.
Wie wir später bemerken werden, haben wir fast gleichzeitig den Geistesblitz, woher uns der Name dieser Stadt bekannt vorkommt: Verdun 1916, die einzige Verbindung zum Schlachtfeld, die Versorgungslinien! Aber auch die schottische Vergangenheit ist mit dieser Stadt eng verknüpft. Wir kennen die Geschichte aus zahlreichen TV-Dokus und auch an der Universität haben wir uns ausgiebig damit beschäftigt.
INFOBOX
Marie de Guise - Ein Frauenschicksal
1515 in Bar-le-Duc geboren, kommt die hochadelige Marie mit 15 als Hofdame an den königlichen Hof von Franz I. Die schöne junge Frau heiratet mit 18 einen feschen Herzog und bekommt zwei Söhne, von denen nur einer vorerst überlebt. Ihr geliebter Mann stirbt noch vor der Geburt des 2. Kindes, sie ist noch keine 21 Jahre alt. Seinen letzten Brief wird sie ein Leben lang an ihrer Brust tragen.
Nur ein Monat, nachdem sie Witwe wurde, stirbt im fernen Schottland die Gattin von König Jakob V., der sich sofort für die junge Französin interessiert. Auch Heinrich VIII. aus England hält sofort um Maries Hand an, ihn weist sie aber entsetzt zurück. Sie weiß, was mit seinen ersten drei Frauen passiert ist! Der französische König Franz I. befiehlt ihr, nach Schottland zu heiraten und lässt sich sogar eine stattliche Mitgift aus dem Kreuz leiern. Nach der Zustimmung des Papstes - sie ist mit ihrem Ehemann zu eng verwandt! - heiratet sie Jakob V. in einer Fernzeremonie. Weder sie noch ihr Ehemann sind dabei anwesend.
Nun muss Marie ihr geliebtes Frankreich verlassen und ihr zweijähriges Söhnchen der Oma übergeben. Sie wird ihn erst 12 Jahre später auf Schloss Blois wiedersehen. Sie versucht, Schottland lieben zu lernen und eine zumindest würdevolle Ehefrau zu sein. Doch erst zwei Jahre später, als sie endlich (!) schwanger ist, kann sie auch zur Königin gekrönt werden! Marie ist gerade 25 geworden.
Ihre zweite Ehe dauert nur etwa drei Jahre, in denen sie drei Kinder bekommt, von denen zwei Söhne gleich sterben. Wenige Tage nach der Geburt ihrer einzigen Tochter stirbt ihr Ehemann König Jakob. Das Butzi wird daher in der ersten Lebenswoche Königin von Schottland. Die Krönung erfolgt binnen eines Jahres und Marie wird ihre Tochter als Königin viele Jahre vertreten müssen.
Mit erst 28 wird Marie de Guise nun zu einer mächtigen Herrscherin Schottlands, politisch sehr geschickt in verschiedenen Friedensverhandlungen zwischen ihrer Heimat, Schottland und England. Als sie mit 44 stirbt, sind vier ihrer fünf Kinder längst verstorben. Ihre einzige Tochter hat allerdings später Geschichte geschrieben. Ihr Name? Maria Stuart.
Jetzt sind wir sehr gespannt, wie es in Bar-le-Duc heute aussieht. Eine Stunde später tuckern wir durch die alte und schattige Unterstadt. Wir sehen vernachlässigte Häuser, billige Kebab-Buden mit grellbunt-blinkenden "OUVERT"-Schildern, chaotische 1-€-Shops und Menschen, denen man die Hoffnungslosigkeit anzusehen glaubt. Was für eine triste, schmutzige, dunkle Stadt das ist!
INFOBOX
Passend zu dem offensichtlichen Verfall der Stadt gibt es eine makabre Besonderheit in der Kirche. Von hier ausgehend wurde es im 14. Jhdt. in adeligen Kreisen modern, seine steinerne Statue auf dem Grabstein nicht als heldenhaftes oder wenigstens friedvoll schlafendes Abbild seiner selbst nachzubilden. Man ließ sich als verwesender Leichnam darstellen, in allen Stadien des Verfalls und gerne auch hyperrealistisch mit Würmern und anderem aasfressenden Getier. In der Kirche von Bar-le-Duc gibt es ein besonders "schönes" Beispiel eines solchen Transi.
Aber jetzt folgen wir den Schildern nach Verdun. Soll uns diese düstere Stadt auf unsere morgige Besichtigung einstimmen? Als wir die mittelalterliche Oberstadt auf dem Felsen durchqueren, hat uns die Sonne wieder. Die Gebäude sind freundlicher und ab und zu sieht man ein wenig Blumenschmuck. Dennoch fehlt auch hier jeder Charme und jeder Reiz einer französischen Stadt, wie wir ihn bisher kennengelernt haben.
Wir wissen, dass wir uns längst in der Region Lothringen befinden. Die Zeiten als reiches Zentrum französischer Industrialisierung sind mittlerweile lange vorbei. Heute ist dieses Gebiet mit dem historisch klingenden Namen eines der wirtschaftlich schwächsten und ärmsten Frankreichs. Die hohe Arbeitslosigkeit wird durch immer stärker werdenden Grenzverkehr nach Luxemburg und ins Saarland noch nicht ganz aufgefangen. Ist es die wirtschaftliche Situation, die man am Äußeren der Stadt erkennt?
Am Stadtrand finden wir die D1916 (erst nach einiger Zeit fällt uns diese sprechende Straßenbezeichnung auf!) und die Gegend wird schlagartig interessanter! Es hat einen guten Grund, warum diese Straße 2006 aus der Nomenklatur französischer Straßennamen herausgenommen und umbenannt wurde. Im 90. Jubiläumsjahr erinnerte man damit an das Schicksalsjahr 1916 und die furchtbaren Ereignisse in Verdun. Wir cruisen nun über die "Voie Sacrée" und wir verstehen genug Französisch und Latein, um zu verstehen: Der Heilige Weg!
INFOBOX
Zwischen Februar und August 1916 fuhren jede Woche etwa 90.000 Menschen und 50.000 Tonnen Munition, Versorgungsgüter und Ausrüstungsgegenstände auf dieser Straße von Bar-le-Duc nach Verdun. Bis zu 9.000 Fahrzeuge transportierten täglich auf dem Hinweg Nachschub und Soldaten und nahmen auf dem Rückweg gleich Verwundete mit. Augenzeugen berichten von nie endenden Autokolonnen in beide Richtungen, alle 14 Sekunden fuhr ein Auto vorbei. Man fuhr monatelang Stoßstange an Stoßstange...
Kurvenreich schlängelt sich die kleine Straße durch blumengeschmückte Dörfer und an gut besuchten Kuhweiden vorbei. Auch hier hat es lange nicht geregnet, trotzdem wirkt alles grüner als weiter westlich. Jetzt macht das Motorradfahren wieder Spaß! Plötzlich erkennen wir auf einem kleinen Parkplatz allerlei auffällige Skulpturen. Wir steigen in die Eisen und bremsen hart auf dem kleinen Schotterplatz.
Hier sind einige Aufsteller, die Soldaten aus dem Weltkrieg I., auf ihrem Weg nach Verdun, zeigen. Die hellgraue Farbe und die Installation dieser lebensgroßen Erinnerungstücke lässt die Figuren wie Geister wenige Zentimeter über dem Boden schweben. Wir stehen lange vor diesen verstörenden Figuren und lesen die bereitgestellten Informationen auf den großen Schildern.
Ab jetzt steht jeden Kilometer ein besonderer Markstein, der neben der Aufschrift "Verdun 2016" einen kleinen Stahlhelm trägt. Je näher wir der berühmt-berüchtigten Kleinstadt kommen, umso häufiger werden die Erinnerungen an die "Operation Noria", die Verdun aus verschiedenen Gründen zu einem zentralen und positiven Ort der französischen Gedenkkultur macht.
Wir bollern hier über geschichtsträchtigen Boden, das ist klar! Aber es gibt einen großen Unterschied zu den Normandiestränden, die wir vor zwei Wochen besuchten: Hier spüren wir keine persönliche Betroffenheit. Dieser Krieg ist im Nebel der Geschichte verschwunden, vom Weltkrieg II. vollkommen überdeckt.
Interessant, dass die "Urkatastrophe des 20. Jhdt." bei uns so wenig mediale Resonanz erfährt und vielen so unbekannt bleibt! Ehrlich jetzt: Wer weiß viel vom Weltkrieg I.? Wer weiß schon, dass auch eine Handvoll Österreicher hier in Verdun elend zugrunde ging?
Diese Gedanken diskutieren wir, als wir ein letztes Mal vor der Ankunft kurz stehenbleiben. Wir haben in Moulin-Brûlé angehalten, einem winzigen Vorort von Verdun, dem Ende des "Heiligen Wegs". Die Landschaft ist die letzten Kilometer in sanfte Hügel übergegangen und auf der Anhöhe über uns thront das strahlendweiße Denkmal der "Voie Sacrée".
Wir lesen, dass hier der unendliche Auto-Konvoi von Bar-le-Duc endete. Hier stiegen die Soldaten aus und marschierten 8 km an die Front in Verdun, während ihre verletzten Kameraden in die LKWs gehievt und hinter die Linien geführt wurden. Langsam macht sich doch ein beklemmendes Gefühl breit. Die Vorstellung, wie sich die jungen Männer vor langer Zeit gefühlt haben, als sie an diesem Ort ankamen. Sie wussten zweifellos, was ihnen bevorstand...
Wir hopsen wieder auf die Hondas und nehmen die letzten Kilometer in Angriff. Die D603 schwingt in langgezogenen Kurven stetig bergab. Während wir in Verdun unsere Unterkunft suchen, schauen wir hinauf auf die bewaldeten Anhöhen ringsum. Aber das ist etwas für morgen! Um Punkt 18.00 haben wir es geschafft und paddeln die Transalps in die Garage, die uns Nicolas gastfreundlich zur Verfügung gestellt hat.
Es war ein langer Tag und wir sind ziemlich erledigt. Wir schaffen gerade noch eine nette "Plauderei" mit der herzlichen Gastgeberin (mit Händen und Füßen!) und einen Teller Travellunch. Das Angebot Nicolas´, sein Geschichtswissen mit uns zu teilen, schlagen wir höflichst aus. Hoffentlich haben wir ihn nicht beleidigt? Wir wissen nämlich mehr über die Geschichte, als uns morgen vielleicht lieb sein wird.
Denn morgen fahren wir zu den Schlachtfeldern von Verdun. >>klick
Tageskilometer: 355 km