Camaret
Ich kenne Camaret gut von einigen Urlauben! Es ist wunderschön dort und ich kann von der Gegend nicht genug bekommen.
Schöner Bericht!
LG Tom
Nach einem bunten Frühstück im hübschen Aufenthaltsraum brechen wir um 10.00 Uhr auf. Wir haben dieses B&B sehr gemocht und hoffen, wieder einmal hierhier zu kommen! Die Sonne scheint bereits vorsichtig vom blaßblauen Himmel und mit 15°C ist es auch angenehm mild.
Wir cruisen endlose Geraden dahin, links und rechts die mittlerweile gewohnten staubigen Felder. Die Erntezeit ist auch hier längst vorbei. Ab und zu freuen wir uns über hübsche granitgraue Steinhäuser, sonst ist die Gegend unspektakulär. Aber kein Problem! Wir waren durch andere Reiseberichte sozusagen vorgewarnt: Das Sensationelle an der Bretagne ist nicht im Landesinneren zu finden!
Nach einer halben Stunde haben wir die Region Côtes d’Armor "Küste des Landes am Meer" durchquert und fahren geradewegs nach Südosten. Wir überlegten noch gestern, Roscoff zu besichtigen, aber wir haben heute noch so viel vor! Den kleinen keltischen Korsaren-Hafen, der durch Handel mit England reich wurde, kommt auf die Liste fürs nächste Mal!
Bei Saint-Michel-en-Grève haben wir wieder das Meer erreicht. Ein wunderbarer, weitläufiger Sandstrand breitet sich vor uns aus und die Häuser und Vorgärten zeugen von einem wahrlich noblen Badeort! Wir lassen die Hondas auf einem kleinen Parkplatz ausrollen.
INFOBOX
Hier lesen wir ein interessantes Schild, auf dem vor "Grüner Flut" und "Meeressalat" gewarnt wird. Bei bestimmten Wasser-, Sonnen- und Windverhältnissen entstehen am Strand enorme Berge von übelriechenden grünen Algen. Die Behörden bemühen sich, dieses Kraut so schnell wie möglich zu entfernen! Denn wenn man draufsteigt oder sonstwie damit manipuliert, kann der austretende Schwefelwasserstoff Übelkeit oder sogar schwere Vergiftungen hervorrufen...
Während wir den Ausblick mit ein paar Schluck Kaffee aus der Thermoskanne untermalen, baut neben uns ein fleißiger Bretone seinen Imbissstand auf. In Kürze wird es hier leckere Galettes geben! Sollen wir warten, bis das hölzerne Ding zusammengebaut und das Schweineschmalz heiß ist?
Aber Angelika kämpft heute unerklärlicherweise mit der Verdauung und das ist schon ohne fettig geschmolzenen Käse während dem Motorradfahren riskant, daher entscheiden wir uns lieber für die Weiterfahrt. Die D785 wird nun kurvenreicher und vor Morlaix durchfahren wir einige dichte Wälder. Die Sonne scheint ungebremst vom blitzblauen Himmel, es hat schon 22 °C! Heute macht das Motorradfahren richtig Spass!
Plötzlich merken wir, dass die Straße in weit geschwungenen Kurven leicht bergauf führt. Wir sind neugierig, denn die Gegend hat sich grundlegend geändert! Oh, was ist das?! Wir passieren das Schild "Parc naturel régional d´Armorique". Wir sind in Aremorica! Als eingefleischte Asterix-Fans finden wir das gerade richtig toll! Wir sind in der Heimat der Gallier, und der Naturpark hat noch den alten und von Caesar verliehenen Namen.
Hinter einem Hügel halten wir unvermutet an. Die Landschaft erinnert uns an Schottland, so absurd das auch klingt! Sanfte, kahle Hügel so weit das Auge reicht, violettes Heidekraut und dichte Macchie bedecken den Boden, auch wenn der Pflanzenbewuchs hier anders heißt. Hier schaut es aus wie bei unserer ersten Schottlandreise! Die schmale Straße führt jetzt über ein Hochland und die Ausblicke sind sensationell! (>> Clip)
Irgendwo im Nirgendwo bei Saint-Rivoal biegen wir rechts ab. Wir gucken nun ständig in die Karte, denn wir wollen direkt zum Meer und durch den Nationalpark gibt es ein enges Strassengewirr von winzigen Güterwegen. Nun wird es abenteuerlich! Es geht steil bergauf und bergab, eng und kurvenreich schlängelt sich der Single-Track durch einen dichten Urwald von Nadelbäumen. Wir cruisen durch eine einsame und unbewohnte Gegend! Selten entdecken wir ein paar granitgraue Häuschen in der Einsamkeit, die allermeiste Zeit sind wir mit uns und dem flirrenden Sonnenschein alleine (>> Clip). Oft sind wir unsicher, ob wir noch auf dem richtigen Track sind, denn hier gibt es weder Straßen- noch Ortsbezeichnungen und wir wollen eigentlich auf der D42 bleiben!
Bei Faou haben wir endlich wieder Orientierung. Wir haben den ersten schmalen Arm des Atlantik erreicht, der hier tief ins Land hineinschneidet. Wir wechseln zufrieden auf die D791 und durchqueren die ersten winzigen Siedlungen. Der Verkehr wird merklich stärker, als wir mit den Hondas über die Halbinsel Crozon gen Westen bollern. Unvermutet überholen wir einige martialisch wirkende Militärfahrzeuge, die eindeutig nicht in die Idylle der Region Finistère passen. Was machen denn die hier?
Kurz vor unserem Ziel bekommen wir die Erklärung: Hier befindet sich ein gewaltiger Militärflugplatz, die Heimat der französischen Hubschrauberstaffeln. Wir cruisen lange an dem mit Stacheldraht eingezäunten Gebiet vorbei, bemüht, zumindest nicht allzu offensichtlich Fotos von den interessanten Fluggeräten zu machen. Militärs weltweit reagieren auf so etwas eher verschnupft...
Es ist 15.00 Uhr, als wir in Camaret-sur-Mer eintreffen. Begeistert rollen wir die Kaimauer im alten Hafen entlang. Was für eine malerische kleine Stadt! Die weißen Häuser blenden im Sonnenschein, die Gastgärten sind gut besucht und da drüben ist unser Ziel! Der Schiffsfriedhof! Wir schieben die Transalps auf den kleinen Parkplatz und stiefeln ein paar Meter über die Mole. Hier liegen einige uralte Fischerboote auf dem steinigen Strand. Sie stammen aus der Zeit, als hier ein ertragreicher Fischereihafen war. Von hierhier kamen die allerbesten Langusten!
Die Kähne befinden sich in allen Stadien des Verfalls und natürlich ist das Betreten streng verboten! (Es wäre vermutlich auch nicht ratsam.) Von manchen ist nur mehr das hölzerne Skelett erkennbar, bei anderen hat der Rost dramatische Vernichtung angerichtet und wieder bei anderen scheint nur ein wenig Farbe zu fehlen, um wieder auf große Fahrt über den Atlantik zu gehen. Es ist ein beeindruckender Anblick. Irgendwie haben diese Wracks etwas Berührendes, wie sie hier langsam in den Boden versickern, vor den neugierigen Blicken zahlreicher Gäste. Wir machen viele Fotos, so gut es das schwierige Gegenlicht zulässt.
Wir sind in der Zwickmühle. Hier ist es wunderschön! Und wir haben Hunger. Wollen wir uns hier aufhalten oder lieber zu unserem nächsten Ziel aufbrechen? Wir entscheiden uns zu Gunsten der Weiterfahrt. Vielleicht finden wir unterwegs eine Kleinigkeit? Motiviert klettern wir wieder auf die Hondas und verlassen den malerischen Ort. Hierher würden wir gerne wieder kommen und länger bleiben!
Es sind nur mehr 4 Kilometer bis zur Landspitze und plötzlich haben wir es eilig. In Kerbonn sehen wir aus den Augenwinkeln große Mahnmale und ein Kriegsmuseum für die französischen Widerstandskämpfer in der Atlantikschlacht im Sommer 1944. Oh, die Bretonen waren sehr widerständig und mit ihrer Resistánce - zumindest in dieser Gegend - auch ziemlich erfolgreich! Wir haben jedoch in den letzten Tagen genug vom Krieg gesehen und uns interessiert gerade der Parkplatz da vorne mehr.
Wir sind nämlich gerade über eine schmale Landzunge gerollt, links und rechts von uns der tiefblaue Atlantik, als wir die beiden Hondas fein säuberlich auf den Platz aus groben weißen Steinen stellen. Vorsichtig, es ist leicht abschüssig! Dann schnappen wir Fotoapparat und Kamera und stiefeln los. 200 Meter sind es noch bis "zum Ende der Welt". Heute ist ein normaler Septemberdienstag und es sind doch einige Besucher hier. Was mag hier an einem corona-losen Sommerwochenende los sein?
Pointe de Penhir! Endlich stehen wir auf den Felsen, die weit in den Atlantik hinausragen. Es ist grandios! Ein unfassbarer Ausblick! Das dunkelblaue Wasser schlägt tief unter uns gewaltig an die zerklüfteten Felsen und die Gischt wirft bunte Regenbogen in die gleißende Sonne. Unsere Begeisterung, am Meer zu stehen, können wahrscheinlich nur andere Landratten und Alpenvölker nachfühlen (>> Clip)!
Wir passen auf, wo wir hinsteigen: Hier geht es überall scharfkantig und steil bergab. Wir stehen lange hier und schauen abwechselnd in die Tiefe und in die Ferne. Nun ist es Zeit, mit ein paar Schlucken aus der Thermoskanne auf Didis Geburtstag anzustossen. Hier, an diesem besonders eindrucksvollen Ort! Meine Güte, wir stehen am Atlantik!
Erst als wir unerträglich in unsere Motorradklamotten schwitzen, stiefeln wir wieder zurück zum Parkplatz. Es hat uns viel bedeutet, hier zu sein aber nun freuen wir uns schon auf unsere Unterkunft. Wir müssen noch tanken und der Hunger wird nun langsam lästig. Wir verabschieden uns vorerst von der Atlantikküste und cruisen ins Landesinnere. Wir müssen noch die große Bucht von Douarnenez umrunden!
Noch bevor wir Fahrt aufgenommen haben, wirft Angelika schon wieder Anker. Da ist rechter Hand ein hübsches Geschäft mit der Aufschrift "Biscuiterie" und das klingt nach Eßbarem. Sie eilt hoffnungvoll hinein und wird prompt Opfer der fehlenden Sprachkenntnisse. Hier gibt es keinen Imbiss, nichts für den schnellen Hunger, aber dafür jede Menge bretonische Spezialitäten: hauptsächlich die berühmten Gourmet-Fischkonserven aus bretonischer Manufaktur und klebrig Süßes! Eine gute Gelegenheit, für unsere Freundinnen Svenja und Claudia in Kiel etwas mitzunehmen. Wenn sie heuer nicht nach Frankreich können, dann kommt Frankreich zu ihnen!
Nachdem sie einige traditionelle Leckereien in ihr Topcase gestopft hat, klemmt Angelika noch einen "Kouign Amann" von aussagekräftigem Umfang in ihren Tankrucksack. Dieser klebrige Kuchen mit dickem Zuckerguss und Salzkaramell wird sicher gegen den Hunger helfen! Und jetzt auf nach Douarnenez, auf den Spuren des Kollegen Dupin!
INFOBOX
Am Rande des Hafenviertels von Douarnenez, in der Rue des Plomarc’h Nr. 20, liegt die Boulangerie Lucas, in der der erste Kouign Amann gebacken wurde. In Bannalecs Krimiroman "Bretonische Flut" ist der Cousin von Kollegen Riwal Vorsitzender der tatsächlich existierenden "Association du vértiable Kouign Amann", der Vereinigung des echten Kouign Amann. Für Riwal ist bretonische gesalzene Butter die Hauptzutat des Kouign Amann. Dann kommen zu diesem bretonischen Butterkuchen nur noch ein wenig Mehl und viel Zucker dazu. In dünnen Schichten wird der Teig mit Butter bestrichen, übereinandergelegt und knusprig gebacken.
Zufrieden mit uns und mit der Welt cruisen wir auf hübschen Straßen rund um die große Bucht. Leider verläuft der kleine Weg in einiger Entfernung vom Meer und erst beim Ortsschild vom Douarnenez halten wir wieder an der Küste. Oh, es ist ein malerischer Anblick! Die prächtige Hafenstadt breitet sich rund um die Bucht aus und wir erkennen auch den Hafen mit der Fischauktionshalle, in der Commissaire Dupin bereits einen fürchterlichen Mord aufklären konnte.
Nun reissen wir den Karton auf, in den der legendäre Knusperkuchen eingepackt ist und zupfen ihn in große Stücke. Meine Güte, ist der lecker! Wir haben noch eine lauwarme Limo eingepackt und spülen die köstlichen Bissen damit hinunter. Der Zuckerschock sitzt tief, als wir mit klebrigen Fingern die Motorradhandschuhe wieder überstreifen.
Es geht noch ein paar Kilometer gemütlich auf der schmalen D7/D43 über das flache Land der Halbinsel Cap Sizun und schon sind wir in Audierne. Bis hierher war es leicht, aber nun sind wir planlos. Unsere Unterkunft ist in der Keraudierne Nr. 10 und wir finden diese Straße einfach nicht! Auch Googlemaps ist ratlos und unsere Karte ist sowieso in zu großem Maßstab.
Wir kurven ein wenig unentschlossen herum, bevor wir demütig eine Tankstelle anfahren und den in der Sonne sitzenden Chef befragen. Unsere Notizen für das Französische helfen hier nicht, denn der Gute spricht bretonisch! Die alte keltische Sprache, die für uns so walisisch klingt! (Die Hymne der beiden Regionen hat sogar die gleiche Melodie.) Trotzdem wir uns mit der netten Latzhose überhaupt nicht verständigen können, kann er uns eines verdeutlichen: Keraudierne Nr. 10 ist keine Straße. Es ist ein Dorf, eine Siedlung! Irgendwo außerhalb.
Nach mühsamer Suche stranden wir endlich bei Lionel und seiner Familie. Geschafft! Der schweigsame Mann lässt uns die Hondas in die hübsch dekorierte offene Garage stellen und zeigt uns unsere Wohnung. Wir sind sprachlos. Es ist wunderschön hier! Es ist perfekt!! Wir haben heute an Didis Geburtstag eines der schönsten Quartiere gefunden, das wir je hatten!
Wir schaffen es noch mit Händen und Füßen (und Papier und Bleistift für ein paar Strichzeichnungen), den ein wenig gestresst wirkenden Lionel um ein Taxi für 8.30 Uhr zu bitten, bevor wir auf der wunderhübschen Terrasse im Garten einen Teller Travellunch löffeln. Inzwischen sind seine herzliche Frau, seine Tochter und seine beiden Hunde heimgekehrt und haben uns eifrig winkend begrüßt. Was für eine nette Familie!
Bei einer kleinen Platzrunde erforschen wir später die nähere Umgebung. Es ist eine menschenleere Siedlung, sehr ruhig und idyllisch. Keraudierne liegt eingeklemmt zwischen weitläufigen Maisfeldern und dem Meer. Langsam schlendern wir später nach Hause und vertilgen die Reste vom leckeren bretonischen Butter-Zuckerkuchen. Dazu gibts jetzt eine kleine Flasche Geburtstagssekt.
Es war ein sensationeller Tag und es ist ein traumhafter Abend auf unserer kleinen Terrasse! Rehe grasen friedlich neben dem Haus. Die wunderbare Ruhe wird nur durch eine monströse Hornisse gestört. Angelika ist panisch ins Haus geflüchtet und hat die Türe hinter sich zugeschlagen! Sie beobachtet durch die Glasscheibe Didis selbstlose Jagd und wie er unter Missachtung des herrschenden Artenschutzes verächtlich das fürchterliche Insekt mit einem Schuh zu Brei schlägt. Nun können wir endlich die Ruhe genießen. Hoffentlich suchen nicht ihre großen Brüder nach ihr...
Tageskilometer: 235 km
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Ich kenne Camaret gut von einigen Urlauben! Es ist wunderschön dort und ich kann von der Gegend nicht genug bekommen.
Schöner Bericht!
LG Tom
danke für den schönen tagesbericht!
dlzg rider
Moin, Moin,
Das klingt ja wirklich nach einem perfekten Geburtstag!! Den 30.?? :)
Süßes ist ja wirklich euer Ding, was?
Ja an Meer zu stehen ist nicht nur für
Bergleute und Landratten immer wieder toll. Gerade auf einer Klippe stehen und auf die Gischt zu schauen ist klasse!!
Die Pension sieht tatsächlich total nett aus! Und mit dem Dialekt ist es echt nicht einfach. Komm mal nach Nordfriesland und höre dir das Friesisch an. Da denkst du auch, du bist in einem weit entfernten Land.
War wieder schön zu lesen von eurer Tour. Ich hoffe Geli hatte /hat heute auch eben perfekten Geburtstag! Alles Gute noch mal und einen schönen vierten Advent,
Nordischen sonnigen Gruß
Wibi
Äh, fällt auf, dass wir gerne Süßes kaufen, oder? :-)
Ja das war ein perfekter Tag! Noch perfekter war allerdings der nächste. Der war soo besonders!
Wir sprechen ja kein Französisch und so war es dann schon komplett egal, ob bretonisch oder französisch. :-) Friesisch können wir allerdings auch nicht, wir haben schon bei Platt ärgste Probleme. :-)))
Uns ist der Süden einfach näher, Italienisch können wir. ;-)
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