Mit schmissigem Sound reißt uns der Handywecker montags um 3:00 aus dem Schlaf. Viel zu früh für uns Eulen! Wir blicken aus dem Panoramafenster: es ist trüb, bewölkt und düster. Uns fällt auf, dass wir auf dieser Reise unsere guten Schlafmasken noch nie verwenden mussten. Mitternachtssonne minus Sonne ist finster! Wir drücken auf Snooze.
Alles ist ganz und gar ungemütlich draussen und die Bettdecke ist so kuschelig-warm! Wir schlafen bis 4:00 und haben es deshalb dann ziemlich eilig. Auf uns wartet eine mörderisch lange Tour durch ein Land, wo auch kurze Tagestouren ziemlich lange dauern können.
Wir haben abends schon alles griffbereit hergerichtet und winden uns schweigend in einige Schichten Merino. Frühstück gibts später bei CircleK! Wir wuchten die Koffer zu den Transalps, schnell noch die Hütte aufwischen und raus. Meine Güte, nur 2°C?!
Mit einem wehmütigen Blick verabschieden wir uns von unserem "Redet". Er wäre noch wehmütiger gewesen, wenn wir geahnt hätten, dass Fred und Lin diesen paradiesischen Platz im Oktober 2019 für immer zusperren werden. Aber das können wir jetzt noch nicht wissen...
Um 5:15 rollen wir über die nasse Wiese vom Platz und schwören uns, eines Tages im Winter hier zu landen. Es ist kalt, düster und ungemütlich, aber es regnet wenigstens nicht. Wir kurven zügig die E6 entlang jener Strecke, die wir schon 2017 fuhren. Vorbei an Burfjord und dem geschlossenen "Kafé E6" und vorbei am "Matkroken Supermarked", wo wir damals das leckere Mikrowellen-Essen kauften.

Wir müssen aufpassen! Buchstäblich in jeder Kurve lagern große Herden von Rentieren am Straßenrand! So wie bei uns sieht man frühmorgens das meiste Wild. Zumindest scheinen die Rens noch zu schlafen oder sind für riskante Straßenüberquerungen noch zu faul. Sie schauen nur auf, als wir vorbeibollern.
Die stetig ansteigende Straße verleitet zum Zug am Gasgriff. Einmal mehr freuen wir uns über den zuverlässigen Heidenau K60 Scout, dessen M+S-Funktion auf dieser Reise schon so oft nützlich war!

In weiten Kurven schwingt sich die Straße aufs Kvænangen-Fjellet, für uns ein emotioneller Höhepunkt! Auch geographisch ein Höhepunkt, denn höher als auf dieser alpinen Bergstraße werden wir auf dieser Reise nie sein. Auf 480 m Seehöhe fangen wir die Transalps ein und halten an einem besonderen Ort.

Wir stehen in der kleinen Ausweiche und schauen hinunter auf den Fjord und seine unbewohnten Inseln. Gegenüber erkennen wir den Øksfjordjøkelen-Gletscher. Vor sechs Jahren standen Svenja, Pieps und Greeny an diesem Ort und unter anderem deren Foto inspirierte uns 2017 für die erste Tour zum Nordkapp!
Anders als heute standen wir damals im kalten Sonnenschein und genossen die Aussicht. Jetzt ist uns nur kalt. Wir lassen die Helme auf, sonst frieren uns noch die Ohren ab! Ein eisiger Wind bläst über den Kvænangenfjord und wir schauen dem Thermometer beim Fallen zu.
Eilig machen wir ein paar Fotos unserer rotgefrorenen Gesichter. Been there, done that. Als es -2°C hat, klettern wir auf die in der Kälte knisternden Transalps und tuckern vom Platz.

Ein paar Meter weiter gefriert uns das Blut in den Adern. Die Straße ist jetzt nass bei -3°C ! Der Eiswarner an Angelikas Thermometer blinkt hysterisch und wir lassen sofort auf Schritttempo ausrollen. Ist das Eis oder nur Sorbet?! Verdammt, wir können es im dichten Nebel nicht erkennen!
Uns bleibt nichts über, als im Standgas und fluchend Meter für Meter vorsichtig bergab zu rollen. Das Profil des K60 Scout würde auf nassem Eis kaum Halt finden! Die Straße schwingt in weiten Kurven bergab und die mittlerweile aufgewachten Rentiere beobachten uns belustigt.
Eine bange Ewigkeit später sind wir im Tal angelangt, es regnet bei etwa 2°C. Mit Vollgas nähern wir uns Storslett. Dort kennen wir eine CircleK-Tankstelle! Jetzt beschleunigt uns der Gedanke an ein Hotdog-Frühstück mit heißem Kaffee und Kakao. Wir drehen die letzten Kilometer am Gas, denn wir müssen uns dringend aufwärmen! Es ist nun 6:30 und wir sind schon über eine Stunde unterwegs.

Mit Schwung bremsen wir vor dem Eingang der Tankstelle und ... schauen uns entsetzt an. Dort, wo wir Kakao, knusprige Hotdogs und trockene Wärme erhofften, dort starrt uns das Schild mit den Öffnungszeiten höhnisch entgegen: Mandag åpen om 7.00
Wir ringen fluchend um Fassung (und vergessen, die Helmkameras auszuschalten, weshalb wir die ganze nervenzersetzende Pause unwissend mitfilmen). Nun gibt es zum Frühstück nur ein paar Schluck aus der Thermoskanne und eine Zigarette. Storslett schläft noch, es ist vollkommen ruhig. Wir sind die einzigen Menschen hier und wir haben üble Laune.

Während Didi überlegt, ob er noch ein weiteres Paar Socken im Gepäck hat, entdeckt Angelika große Pakete mit Brennholz, die hier zum Verkauf angeboten werden. Sie erwägt entnervt, damit ein hübsches Lagerfeuer zu machen, um sich zu wärmen. Meine Güte, es ist so ungemütlich, das alles!
Deshalb, und weil wir noch über 500 km vor uns haben, brechen wir bald auf. Es nieselt, als wir die gemütliche E6 entlang cruisen. Wir sehen unzählige Buchten und winzige Fjorde, kleine und große Inseln. Als wir wie 2017 an Uløya vorbeikommen, erinnern wir uns an die 100 Inselbewohner dort drüben und an eine grauenhafte Baustelle. Ahhh, das war der neue Tunnel vorhin, den wir noch nicht kannten!

Es macht uns Spass, eine bereits bekannte Strecke zu fahren! Als wir den Rotsund hinter uns gelassen haben, erreichen wir um 7:30 Olderdalen. Wir wollen die Fähre hinüber nach Lyngseidet nehmen und dann an der Westseite des Storfjords südlich kommen. So ersparen wir uns die 40 km lange Umrundung des Kåfjords! Ausserdem bekommen wir auf der Fähre ein Frühstück!
Es bleibt bei dieser schönen Theorie, denn als wir die Transalps am Fähranleger ausrollen lassen, lesen wir die Leuchtschrift am Kai: NEXT FERRY 8.15! Fluchend machen wir kehrt und besprechen uns kurz. Wollen wir hier in der Kälte warten? Was geht schneller: Fähre plus 40 km Fahrt oder 90 km ohne Fähre?
Wir entscheiden uns für den Landweg und treten entschlossen den 1. Gang hinunter. Mittlerweile regnet es nicht mehr und trüber Sonnenschein kommt heraus. Wir fühlen uns ein wenig gehetzt, als wir den Kåfjord umrunden. Trotzdem nehmen wir die dramatisch schöne Landschaft in uns auf! Die Berge rund um den Fjord erreichen 1.500 m Höhe und das ist hier gewaltig hoch!
Kurz bevor wir in den Samuelsbergtunnel eintauchen und durch diese Abkürzung wieder ein wenig Strecke sparen, machen wir Pause im Sonnenschein. Langsam quält uns das fehlende Frühstück, vor allem der fehlende Kaffee! Es ist 8:30 und wir sind seit über drei Stunden unterwegs...
Während wir ein paar Schluck aus der Thermoskanne nehmen, steckt Angelika ihre kalten Füße zu den V-Zylindern ihrer Transalp. Eigentlich frieren wir nicht mehr, aber es dauert noch, bis die Wärme des schwachen Sonnenscheins ganz unten angekommen ist!

Nachdem wir durch den langen und ungewöhnlich gut beleucheten Tunnel gebrettert sind, kosten uns die Baustellen am Ufer des Storfjords viel Zeit. Mehrmals müssen wir halten, warten und dann einem Ledebil hinterherzuckeln. Diese Einrichtung eines Führungsfahrzeugs gibt es in Österreich nicht und sie ist auch verkehrstechnisch vollkommen sinnlos. Offensichtlich eine Möglichkeit der Arbeitsplatzbeschaffung, sonst nichts.
Wir durchqueren langsam den kleinen Touristenort Skibotn im Sonnenschein und kurz, bevor uns auf der gemütlichen E6 langweilig wird, passiert es. Da, schau links am Waldrand! Ein Elch! Jetzt aber schnell! Transalps lautlos ausrollen lassen, Fotoapparat aus dem Tankrucksack nesteln, Helmkamera aktivieren. Verdammt!
Alles dauert viel zu lang, während die massive Elchkuch geradezu provozierend langsam in den Wald zurück trottet. Ihre zwei kleinen, hellbraunen Kälbchen folgen dicht an sie gedrängt. Wir wissen, dass Elche meist im Mai ihre Jungen bekommen, die Zwillinge können gerade mal 4 Wochen alt sein!

Wir sind begeistert, was fürn Glück! Wir haben uns so gewünscht, wieder mal einen Elch zu sehen und auch, wenn die Fotos vielleicht nicht gut geworden sind, wir haben den Anblick erlebt und das zählt.
In Hochstimmung cruisen wir die fantastische Strecke Richtung Nordkjosbotn weiter. Mittlerweile scheint die Sonne klar vom blauen Himmel und die Temperatur erreicht sommerliche 10°C. Das Tal wird von den weißen Kuppen der auslaufenden Lyngsalpen eingerahmt und wir fahren an tiefgrünem Weideland vorbei.

Die Hochstimmung ist so gewaltig, dass sich Angelika auch fast nicht von dem furchtbaren Metall-schlägt-auf-Metall-Geräusch irritieren lässt, das ihre treue Transalp nun rhythmisch von sich gibt...
Nur wenige Kurven später parken wir vor der CircleK-Tankstelle in Nordkjosbotn, wir sind nun 240 km gefahren und seit fünf Stunden unterwegs. Jetzt aber fix! Frühstücken, tanken, aufwärmen, das furchtbare Geräusch klären. Erwähnten wir schon frühstücken?
Hungrig mampfen wir einige Hotdogs und süße Teilchen und spülen mit Gratiskaffee aus dem Jahresbecher nach, während Angelika mehrmals beherzt gegen ihre Transalp tritt. Woher kommt das Geräusch? Ist etwas gebrochen?
Nach einem zweiten Becher Kaffee geht es weiter: >> klick
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