Es ist 10:00 vormittags und aus der Küche duftet es nach Spiegeleiern und gebratenem Speck. Wir sind vor einer Stunde aufgestanden und unser erster Blick galt dem Draußen, nachdem wir die schweren Verdunkelungsvorhänge gelüpft hatten.
Wahnsinn! Blauer Himmel, ungetrübter Sonnenschein! Das gibts doch nicht! Die letzte Woche sind wir jeden Tag Motorrad gefahren und meist bei Regen. Der erste Tag auf den Lofoten ist die Belohnung für das alles!
Heute lassen wir die Motorräder stehen! Darum brutzeln wir uns in der schönen Wohnküche nun ein gemütliches Frühstück. Wir wohnen mitten im schönsten Teils Norwegens, den erkunden wir heute zu Fuß! Aber zuerst mal Frühstück. Wir sind alleine, denn unsere Mitbewohner sind schon unterwegs. Der nette Typ ist bereits zu einer Wanderung aufgebrochen und das deutsche Pärchen wird heute abreisen.
Nach dem Frühstück sitzen wir ewig auf der Terrasse und schauen auf die sensationellste Aussicht, die man haben kann. Wir haben im Wohnzimmer historische Portraits eines ernstblickenden Paares betrachtet: Die Ur-Urgroßeltern unseres Vermieters! Bei einer Tasse Kaffee lesen wir die interessante Geschichte unseres Hauses, des "Manor House" und von harten Männern, die für uns Unvorstellbares leisteten.
Info: Hamnøy - Manor House
Vor 150 Jahren erkannte der findige Kaufmann Rones Olai Nilsen die für Fischgeschäfte günstige Topographie von Havnø, wie Hamnøy damals hieß. Der natürliche Hafen lockte ihn und sein Geld! Er kaufte die Insel und zog mit seiner Frau Marie hierher. Sofort bauten sie das auffällige Manor House, damit auf den ersten Blick klar war, wer hier das Sagen hatte.
Das extrem harte Leben der lofotischen Winterfischer war ihnen bekannt. Rones Olai hatte die Idee, kleine rote Fischerhütten zu bauen, um den Männern, die ihm im Winter den Fisch anlieferten, gegen Gebühr einen minimalen Luxus zu bieten: Ein Dach über dem Kopf und eine Feuerstelle. Doch die Fischer waren härter und schliefen auch bei absurden Minusgraden lieber auf ihren Booten und deckten sich mit den Segeln zu. Diese Geschäftsidee schlug fehl!
Das tüchtige Ehepaar gab nicht auf und errichtete noch einen kleinen "Tante Emma" - Laden, dort, wo jetzt das Restaurant "Krambua" ist. Auch ein Postamt schien ihm wichtig, dass die Fischer, die monatelang auf See waren, eine Nachricht nach Hause schicken konnten. Eine Bäckerei bot frisches Boot statt der alten Kekse, die die Fischer im Proviant hatten und ein Schmied wurde geholt, für die wichtigsten Reparaturen. Die Bäckerei gibt es noch!
Zu Anfang des 20. Jhdt. boomte das Geschäft mit frischen Kabeljau und mit Stockfisch, der hier erzeugt wurde! Wochenlang war die kleine Bucht gerammelt voll von Holzbooten aller Größen! Als die Motorboote mehr wurden, baute die Familie noch eine Tankstelle, um den Fischfang zu steigern.
Doch ab 1960 kamen immer mehr Touristen nach Hamnøy und die ehemaligen Fischerhütten wurden verbessert und vermietet. Es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis der Tourismus hier die Haupteinnahmequelle wurde. Und heute wohnen wir im "Manor House" des Ur-Urenkel des Inselbesitzers und der Tourismus hat hier die Herrschaft übernommen.
Bis zum Kipp-Punkt kann es nicht mehr lange dauern...
Nachdem wir in der kleinen Waschküche unsere Wäsche gewaschen haben, brechen wir auf. Die Sonne strahlt vom Himmel, es ist mit 18°C sehr warm!
Wir wandern über die Hamnøy-Brücke und schauen vom berühmten Fotopunkt auf die Insel. Profifotografen bauen ihre Stative auf. Sie haben auf ihren Branchenwebsites den genauen Punkt gelesen, auf dem sie für das beste Foto stehen müssen, und weitere Anweisungen über Brennweite und so Sachen.
Wir können uns nicht sattsehen! Alle paar Meter bleiben wir stehen und gucken aufs Meer, auf die imposanten Felsberge und die bunten Häuschen, die auf winzigen Schären stehen. Nach wenigen Minuten über die Schäre Toppøya haben wir die Insel Sakrisøy erreicht. Noch öfter stehenbleiben, noch mehr Fotos! Ein "Scenic Viewpoint" jagt den nächsten.
Wir wissen seit unserem ersten Besuch vor fünf Jahren, was es mit den Farben der Holzhäuschen auf sich hat: Fischer färbten ihre Fassaden rot. Nicht Falun-Rot, sondern eine billig herzustellende Farbe aus Tran und Zinkoxyd. Kaufleute wohnten in blauen Häusern und Reiche bevorzugten nobles Weiß wie unser "Manor House". Öffentliche Gebäude wie Rathaus und Schule strich man gelb an.
Ach, weißt du was? Machen wir Pause! Wir sind eine halbe Stunde auf dem "Moskenesveien" unterwegs, als wir im Gastgarten von "Anita´s Seafood" einkehren. Nur Augenblicke später sitzen wir an der Wasserkante des Reinefjord, umgeben von purer Schönheit und löffeln äußerst leckeren Kuchen zum Kaffee. Ob es hier teuer ist, wollt ihr wissen? Wir zahlen 24.- für alles und das finden wir vollkommen ok.
Wie szenisch phänomenal hier ein Einkaufsbummel ist! Eine halbe Stunde Fotosafari später haben wir den COOP auf der Insel Reine erreicht. Wir kaufen Essen für die nächsten Tage, Postkarten und ein paar Kleinigkeiten. Zum Glück sind wir zu Fuß da, denn wir hätten unsere Transalps nicht mehr zwischen die Überzahl an Wohnmobilen quetschen können ...
Vom Supermarkt sind es drei Kilometer bis nach Hause. Wir gehen langsam, um die Eindrücke aufzusaugen. Es. Ist. Sagenhaft!
Weil es 14:30 ist, kehren wir nochmal bei "Anita´s" auf einen Kaffee ein. Wir faulenzen heute einfach ´rum! Wir gucken jetzt nach kleinen aber außergewöhnlichen Souvenirs für die Lieben daheim. Hier gibt es eine gute Auswahl! Ob wir ein paar so grauenhafte Seeteufel-Schädel mitnehmen sollen? Was für ein Schmuck über dem Kaminsims zuhause!
Eine Festplatte voller Fotos später sind wir wieder in unserer Wohnung. Zuvor haben wir noch geguckt, wo die uralte Backstube ist, denn da wollen wir morgen Brötchen holen! Es ist jetzt 16:00 und wir haben sechs Kilometer Fußmarsch hinter uns. Zeit für eine Kaffeepause auf der Terrasse!
Etwas später latschen wir nochmals los. Diesmal in die Richtung, die wir hergefahren sind. Wir spazieren im strahlenden Sonnenschein den Vestfjord entlang, immer den Blick auf die steilen, fast überhängenden Felsen über uns. Wenn da mal nichts herunterkommt! Haushohe Steinbrocken sind - vor langer Zeit? - herunter in die Bucht Lilandsvika gestürzt. Der Lilandstinden ist immerhin 430 m hoch und das ist schon eine ganze Menge in diesem Land!
Einen Wasserfall und eine Ruine eines verlassenen Häuschens später beschließen wir, nicht mehr hinauf zum Rastplatz Akkarvikodden zu stiefeln. Wir sind müde und es ist weiter, als es dem Augenschein nach wirkt. Außerdem ist der Platz dort oben von Wohnmobilen zugeparkt. Keine schöne Aussicht!
Wir drehen um und sitzen noch eine Weile auf den Felsblöcken, die hier als Wellenbrecher aufgetürmt sind.
Jetzt wissen wir auch, woher der ungeheure Lärm der großen Sturmmöwen kommt, der bis in unser Zimmer tönt: Einer der hohen Felswände im Ort wurde von hunderten Möwen als Nistplatz adoptiert. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen unter durchdringendem Geschrei! Wir halten uns dezent im Hintergrund, denn mit diesen imposanten und böse aussehenden Viechern will man sich nicht anlegen!
Um 20:00 sind wir müde geworden. Ein leckeres Travellunch in der Wohnküche später hocken wir bei heißer Schokolade auf unserer Terrasse. Angelika speichert Fotos und Filme auf Festplatte und Didi notiert die Ereignisse des Tages in sein blaues Büchlein.
Wir genießen die Mitternachtssonne bis sehr spät nachts und sind glücklich. Morgen machen wir einen Ausflug!
Tageskilometer: 9 km zu Fuß
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