25. Tag: Sandvika - Oslo (Color Line)

Als wir aufwachen, frieren wir erbärmlich. Die Heizung wärmte nicht, sondern blies nur kalte Luft ins Zimmer. Das tat echt nicht not! Nach einer saftigen Beschwerde an der winzigen Rezeption, einem kleinen Frühstück und sorgsamen Packen reisen wir um 10:30 Uhr ab. Es ist noch dunkel bewölkt, aber es verspricht, ein sonniger Tag zu werden!

Die gigantische Color Line in Oslo steht schon unübersehbar im Hafen, als wir zwanzig Minuten später in der Wartespur halten. Viele Motorradfahrer sind schon da und warten aufs Einschiffen. Sie suchen wie wir den Schatten der zahlreichen Wohnmobile, denn 18°C kommen uns viel zu warm vor. Zwei TET-Fahrer aus Holland quatschen uns an. Sie sprudeln geradezu über von den Eindrücken ihrer allerersten Norwegenreise. Niemand versteht sie besser, als wir...

Wir beobachten eine große Gruppe deutscher Motorradfahrer, die sich mit ihrem Guide und dem Kleinbus arrangieren, in den sie ihr ganzes Gepäck laden. Sie tragen alle den gleichen Pullover. Um sich unterwegs nicht zu verlieren? Als Brandzeichen um die Herde zu markieren? Keine Ahnung, warum man sowas tut. Unsere Art des Reisens ist völlig diametral zu solchen geführten Touren.

Um 13:00 Uhr öffnet sich endlich das große Gittertor und wir dürfen in die Fähre. Gemessenen Tempos rollen wir in den gewaltigen Schiffsbauch der weltgrößten Autofähre. Die "Color Magic" ist immer wieder ein Erlebnis! Vor allem für jene, die ihr Motorrad den langen Weg ins Schiff schieben müssen. Was ist denn denen passiert?

Die Fahrt durch den Laderaum ist immer wieder faszinierend! Nicht nur, dass wir in den 1. Stock müssen, das Schiff ist 220 Meter lang. Da fährt man schon ein Stück weit, immer angeleitet von äußerst entspannten norwegischen Verladearbeitern.

Mit viel Übung sind die Transalps schnell festgezurrt. Obwohl es hier fabriksneue Zurrgurte gibt, zerren jetzt einige ihre mitgeschleppten eigenen Gurte aus dem Gepäck. Eine sonderbare Ausprägung einer wenig schmeichelhaft genannten Vorsichtsmaßnahme namens "German Angst"?

Auf unserem Zimmerkärtchen steht "Lift 14-17", vermutlich dass man sich nicht auf diesem Schiff verfährt! Schnell auf Deck 8 und schon werfen wir unser Zeug in die Kabine Nr. 8915, mit Promenadenblick. Die Color Line hat echt hübsche Zimmerchen für ihre Gäste! Wir schliefen schon in unzähligen Unterkünften, die weniger sauber, schöner oder funktioneller waren als das hier.

13:30 Uhr, jetzt aber schnell aufs Sonnendeck. Wir schaffen es gerade noch, zwei Sessel zu schnappen und uns in eine windgeschützte Ecke zu platzieren, bevor die Massen heraufströmen. Als um Punkt 14:00 Uhr der Typhoon brüllt und sich das Schiff langsam auf den Weg macht, ist jeder Platz an Deck besetzt. Zahlreiche Urlauber hocken am Boden, es ist kein Sitzplatz mehr frei.

Wir haben noch Auslauf-Bier á 8.- ergattert, bevor der Kiosk an Deck 12 zusperrt. Es ist unwahrscheinlich, was sich hier abspielt! Die Strände Jesolos zu Ferragosto könnten kaum überfüllter sein als dieses Schiff am Sonntagnachmittag. Ein wenig unentspannt beobachten wir die Touristen, alle 2700 Passagiere scheinen gleichzeitig an Deck zu sein. Nach einer Stunde werden uns der Lärm und das Chaos unerträglich und wir verziehen uns in die Kabine. Wir ruhen ein wenig und schauen Fotos und Filmchen von der Reise.

Als wir vier Stunden später vom Oslofjord in den Skagerrak schippern, spazieren wir einmal durchs ganze Schiff. Wir haben Hunger und schnappen uns im "Cafe Oriental" zwei dick belegte Sandwiches. Angelika nimmt wie immer "Krabben mit Ei" und Didi "Räucherlachs". Die 9.- pro Stück sind wohlfeil!

Hast du das Spa auf Deck 13 gesehen? Schnell entschlossen buchen wir "Rygg + Nakke Massasje" für jetzt gleich. Wir haben das auf den Finnlines für uns entdeckt. So eine Behandlung tut nach einer Motorradreise richtig gut und wir genießen die wohlige Wärme duftender Massageöle zu sphärischer Musik. Der Preis von 90.-/pP schreckt uns nur ganz kurz. Der Blick aufs offene Meer während der Massage macht ihn locker wett!

Wir schaffen es gerade noch, um 20:00 Uhr in der langen Warteschlange fürs "Grand Buffet" zu stehen. Als sich die Tore zu den Töpfen öffnen, drängen alle gleichzeitig hinein. Vier adrett gewandete Kellner schaffen jetzt mit strenger Miene Ordnung. Jede Buchung wird akribisch kontrolliert. Plötzlich deutet man uns, doch nach vorne zu kommen. Wir schieben einige zeternde Pärchen auf die Seite und dürfen als erste hinein. Wir finden das richtig nett obwohl wir nicht wissen, warum wir bevorzugt behandelt werden!

Das Buffet "spielt alle Stückln", auch wenn der Erlebniswert mit der Wiederholung sinkt. Die Menschenmassen rund um uns machen uns nervös. Wir mampfen dennoch, bis gar nichts mehr geht. Zum Essen gönnen wir uns noch ein Achterl (0,125 l á 11.-) völlig überteuerten österreichischen Weißwein und sind uns sicher, dass solche Verrücktheiten eben auch zum Urlaub gehören.

Viel später stiefeln wir in unsere Lieblingsbar "The Monkey". Während eine leicht bekleidete Akrobatin die Passanten in der Einkaufspromenade mit ihren Kunststücken unterhält, lassen wir den Abend im irischen Pub - wo man sogar eine gute Zigarette rauchen darf - bei ein paar exquisiten Whisky und stimmungsvoller Piano-Musik ausklingen. Morgen sind wir schon in Deutschland!

Tageskilometer: 17 km

26. Tag: Jokertag in Kiel (Color Line)

Es ist immer wieder erstaunlich, wie Fähren nach so langer Seefahrt ihre Ankunftszeit auf die Minute einhalten können! Wir stehen mit einem Becher Kaffee an Deck und beobachten, wie die "Color Magic" ganz sachte in den Kieler Hafen schippert. Kaum ein Zittern geht durch das Schiff, als sie um 10:00 Uhr an der Hafenkante anlegt.

Wir platzen fast vor Vorfreude, als wir ins Freie rollen. Wir haben einen besonderen Jokertag geplant, der die Heimfahrt nach Österreich verzögert! Weil gerade die "Kieler Woche" läuft und diese weltgrößte Segelveranstaltung zahlreiche Straßensperren mit sich bringt, fahren wir einen Umweg zu unserer Freundin Svenja Svendura, die uns schon begeistert erwartet.

Während unsere wunderschönen Transalps "Greeny und Hopser" in der Tiefgarage Gesellschaft leisten - was die wohl miteinander aushecken?! - sind wir zum traditionellen Frühstück bei Svenja und Claudia eingeladen! Wir feiern unsere Freundschaft, dass unsere Reisen (Svenja kam soeben aus Dalarna/Schweden zurück) gutgegangen sind und das Leben im Allgemeinen!

Wir haben ein Zimmer gebucht und können bis morgen bleiben! Aus Respekt zu den beiden Damen eilen wir später in die abschließende Unterkunft dieser Reise: Die letzte Dusche, das letzte Haarewaschen ist schon ein Weilchen her! Jetzt erst machen wir uns sozusagen stadt- und besuchsfein.

Nanu? Über den "Kleinen Kiel" schippert eine venezianische Gondel? Eine Reminiszenz an die tiefe Verbundenheit der Kieler mit der "Serenissima"?

Infobox: Kiel und Venedig?

Der Kieler Rathausturm erinnert frappant und durchaus beabsichtigt an den Campanile auf der Piazza San Marco in Venedig. Ein deutscher Architekt konstruierte ihn 1906 in dankbarer Erinnerung an das siegreiche preußisch-italienische Bündnis gegen die herrschenden Österreicher.

Preußen war froh, die als schlampige Verwalter Holsteins unbeliebten Österreicher aka das Haus Habsburg los zu sein! Italien und seine Kultur kamen nach dem Rauswurf der Österreicher aus Norddeutschland jedenfalls stark in Mode.

Nach einem Kaffee und einem Bierchen beim "Internationalen Markt" am  Rathausplatz klopfen wir wieder an der Tür unserer Freundinnen.

Wir haben einen grandiosen Grillabend zu Viert! Das Wetter hält und wir sitzen bis weit nach Mitternacht am Balkon und feiern was das Zeug hält. Besonders die Frage zukünftiger Reiseziele interessiert uns. Wird die bereisbare Welt auf Grund politischer und gesellschaftlicher Krisen vielleicht gerade kleiner? Ein seltsamer Gedanke, war doch unsere Generation durch die Aufhebung von Grenzen immer weniger beschränkt? Wie schaut die Zukunft für Individualreisende aus? Was bedeutet "Overtourism" für uns?

Es ist schon lange finster, als wir in unser Hotel wandern. Wir sind still und nachdenklich und freuen uns über diese wertvolle Freundschaft, die nun schon so viele Jahre trotz der Entfernung und einer Pandemie hält und uns so viel bedeutet. Morgen geht es zurück in die Heimat!

Tageskilometer: 5 km

Noch zwei Tage bis Österreich: >> klick

Mit der Color Line zu Freunden!

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zuletzt aktualisiert am 1.1.2025