8. Tag: Vestre Gausdal - Peer Gynt Vegen - Skåbu

Didi schläft noch, als Angelika bereits barfuß aus der Hütte trippelt. Die Sonne scheint! Der erste Urlaubswunsch ging in Erfüllung und ... gerade noch rechtzeitig! Heute muss nämlich die Sonne scheinen, damit unser Plan aufgeht! Sie stellt vergnügt einen Sessel vor die Hütte und genießt die Wärme im Gesicht. Sogar bei nur 5°C hält man es kurzärmelig und barfuß gut aus! Das Gras ist noch nass und kühl von der Nacht.

Alsbald steigt Didi aus der historischen Unterkunft, mit zwei dampfenden Kaffeehäferl in der Hand. Wir freuen uns gemeinsam und sehr intensiv über dieses wichtige Wetterglück! Unsere Route würden wir bei Regen jetzt umplanen. Der "Peer Gynt Vegen", eine rauhe Piste durch die Einsamkeit, ist für uns nur bei trockenem Wetter von Interesse.

Wir sind ein wenig aufgeregt, als wir um 10:00 hochmotiviert und abenteuerlustig vom Platz fegen. Es sind nur wenige Kilometer durchs grüne Gausdal bis zum Frühstück in Segalstad-bru! Im strahlenden Sonnenschein eilen wir in die Tankstelle CircleK und - während Angelika gratis Kaffee in den Jahresbecher zapft - besorgt Didi die legendären Hotdogs. Wir finden derzeit die "Ostepølse med Bacon" am besten: Berner Würstel, innen Käse, außen Speck!

Angelika räumt noch schnell das Regal mit dem sensationell guten Schloss-Öl leer. Das gibts bei uns nicht und wir haben geplant, Norwegens Vorräte erheblich zu dezimieren! Ein paar Fläschchen wandern ins Topcase. Wer weiß, ob wir so bald wieder hierher kommen?

Bestgelaunt verlassen wir die 1000-Seelen-Gemeinde und cruisen den schmalen Rv254 entlang. Trockene Wiesen und dünne Wäldchen bestimmen die Aussicht. Ab und zu ein sehr hübsches weiß gestrichenes Holzhaus und in der Ferne erkennt man bereits die Hügellandschaft des Fylke Innlandet, wie die Region hier heißt.

Das Örtchen Svingvoll liegt schon hinter uns, während sich der Skeisvegen sachte immer höher hinauf windet. Diese Straßennamen sind ein Geschenk! Wenn man nach Skei will, kann man sich keinesfalls verfahren! Nur 9 km später sind wir am Skeikampen, einem nur 1.100 m hohen aber auffälligen Gipfel, der eine Ferien- und Wintersportdestination allererster Wichtigkeit darstellt!

Hunderte gleichförmige Hütten - dunkles Holz, Grasdach - besiedeln die Berghänge. Alle zu ident, um historisch zu sein. Und schon fahren wir am Ortsschild vom Skei vorbei. Ui, das kam unerwartet! Thon-Hotel, Fjellstue, After-Ski-Bars markieren die sterile Hässlichkeit, die solchen Orten innewohnt. Die Norweger - verzeiht! - pfeifen sich nichts um geschmack- und stilvolle Einbindung von Tourismus in die Natur, da sind sie sich mit Franzosen (zB Isola 2000), Italienern (zB Cortina d´Ampezzo) und auch Österreichern einig.

Sollte Skei jemals ein ursprüngliches Alpendorf gewesen sein, ist nichts davon zu erkennen. Zumindest scheinen die hier noch Echtholz für ihre Gebäude zu verwenden. Im österreichischen Obertauern malt man schon mal Pappmaché oder Beton im alpenländischen Stil an.

Doch uns ist das Ski-Ressort egal. Deswegen sind wir nicht hier! Ein zartes Straßenschild am Straßenrand: Peer Gynt vegen. Wir müssen da lang! Ein paar Tourismusfabriken später endet mitten im Ort der Asphalt. Wir verlangsamen, aber nun gibt es kein Zurück mehr! Zur Sicherheit klicken wir im Cockpit unserer Transalps auf den "GRAVEL-Mode". Die von Honda haben sich sicher etwas dabei gedacht!

Exkurs: Motorrad Kulturreisen und Offroad?

Wir reisen seit 200.000 Kilometern gemeinsam und haben jeder etwa doppelt soviele Kilometer Zweiraderfahrung. Die allermeisten davon auf Asphalt. Nun gut, nach Mandø kommt man nicht anders und auch in Finnland kommt man um Naturstraßen nicht herum. Warum haben wir unsere Reisen bisher meist ohne dieses Abenteuer geplant?

Nun, Angelika hat in einer Großstadt fahren gelernt und "Offroad" ist in Österreich mit wenigen Ausnahmen verboten, daher fehlten Möglichkeiten und Übung. In Didis oberösterreichischer Heimat gab es hingegen in seiner Jugend nur "Staubstraßen" und die Jungs mit ihren Mopeds feierten jeden erstmals asphaltierten Meter!

Wir haben auf Reisen andere Prioritäten entwickelt. Sehenswürdigkeiten und tolle Unterkünfte sind uns wichtiger als Strecken mitten durch Waldeinsamkeiten mit Zelt. Wir wären traurig, wenn wir an Hotspots vorbeifahren, wie es zB am TET wohl der Fall ist! 

Und weil wir auch Posing neben am Boden liegenden Motorrädern und Forderungen nach "artgerechter Haltung einer Enduro" lächerlich finden, war uns "Offroad" nie ein Anliegen. Auf dieser Norwegenreise wollten wir bewusst eine Ausnahme machen und mal schauen, ob uns solche Tracks überhaupt Spaß machen ...

Da ist schon die Mautstation! Wir haben viel über das neue Mautsystem gelesen, denn das einfache Einwerfen kleiner Münzen in ein Holzkästchen ist Geschichte. Entweder wir zahlen abends online oder wir warten auf die Rechnung per Post. Wir werden sehen. Noch sind wir unentschlossen, was für uns einfacher ist! Schranken gibt es keinen mehr! Vorläufig fahren wir einfach unter den Kameras durch und hoffen, dass der Ausgang dann genau so einfach wird.

Der schmale Weg kurvt steinig in die Höhe. Manche Stellen sind noch schlammig vom Regen, die umkurven wir vorsichtig. Angelika besonders, denn Offroad ist ihr Ding nicht. Grip hingegen alles! Aber sie hält sich tapfer und schon nach einigen rabiaten Kilometern hat auch sie sich an die rauhe Piste gewöhnt.

Der Peer Gynt Vegen führt durch eine geradezu archaische Landschaft! Wir sind auf einem Fjell auf etwa 1.000 m Seehöhe und das ist hier nahezu über der Baumgrenze.

Felsig, karg und die wenigen niedrigen Bäume windzerzaust. Bei Schlechtwetter möchte man hier nicht sein! Die aufkommenden dunklen Wolken machen uns zwar ein bissl nervös aber noch scheint die Sonne.

Wir fahren langsam, einerseits um auf der sicheren Seite zu sein, andererseits für Film und Foto! Oft bleiben wir stehen, gucken in die einsame Natur und freuen uns, hier zu sein! So ein unberührtes Norwegen hatten wir vermutlich noch nie! (Außer vielleicht an der finnischen Grenze bei Kautokeino...)

Irgendwann werden die Bäume wieder höher, ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir langsam bergab fahren. Seit knapp 30 km keine Menschenseele, außer der flotte Einheimische in seinem kleinen 4x4.

Vielleicht ein Besitzer der wenigen Jagdhütten, die wir ab und zu sahen? Schau, wir sind in Gålå! Wir haben genau eine Stunde lang gebraucht, bis wir wieder die Mautstation ohne Schranken passiert haben.

Ein rotes Holzschild begrüßt uns freundlich: "Velkommen!" Ein paar Häuschen stehen hier in die Gegend gewürfelt und bei der Rettungsstation vom "Roten Kreuz" beginnt auch wieder der Asphalt. Das war jetzt richtig aufregend! Wir kurven aufmerksam durch das kleine Örtchen, dessen 100 Einwohner sich ganz und gar dem Wintertourismus verschrieben haben. Leider hat das Café heute Donnerstag zu!

Da ist rechts das rote Holz-Türmchen, das wir schon von so vielen Reiseberichten kennen. Es wirkt wie ein sakrales Glockentürmchen, ist aber tatsächlich nur der Wegweiser zu Norwegens ältestem Hochgebirgshotel. Seit über 130 Jahren schnallen sich hier Touristen an der Hoteltreppe ihre Ski an und nutzen die ursprüngliche Natur für ihr Hobby!

Wir finden einen guten Platz am Straßenrand mit Aussicht auf den Gålåvatnet und das Jotunheimen-Gebirge. Was für ein Anblick! Lange stehen wir da, trinken aus der Thermosflasche und bewundern den Anblick. Bis ganz plötzlich Schneeflocken fallen! Die dunklen Wolken, die wir mißtrauisch beobachtet hatten, haben sich zusammengeballt und plötzlich schneit es ein wenig.

Damit ist unsere Entscheidung gefallen: Die zweite Hälfte vom "Peer Gynt Vegen" von Gålå bis Dalseter lassen wir aus. Wenn dort Schlechtwetter ist, sind wir verloren, außerdem wäre es ein großer Umweg für uns! Wir haben genug erlebt und es war nicht ohne Anstrengung. Jetzt rollen wir gemütlich bis zu unserer Unterkunft!

Siehst du? Da vorne geht die Piste weiter! Doch bei der kleinen Abzweigung führt der "Peer Gynt Vegen Teil II" für uns in die falsche Richtung. Eine wunderschöne kleine Straße durch Wälder und landwirtschaftliches Gebiet später rollen wir auf den Platz der CircleK in Vinstra. Der Schneefall hat am Weg ins Tal aufgehört aber nun schüttet es in Strömen! Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig in den Verkaufsraum zur Kaffeemaschine.

Das Hotdog haben wir uns echt verdient! Das zweite auch und auch das süße Teilchen zum Kaffee! Wir dehnen die Pause ein wenig aus und schon scheint draußen wieder die Sonne. Wir orientieren uns auf der Karte: Wir sind im Gudbrandsdalen! Hier kennen wir uns aus. Wir haben diese Gegend schon mehrfach durchfahren. Heute nehmen wir den schmalen Fv255. Ein "Fylkevegen" ist selten stark befahren!

Die letzten 30 km des Tages hätten wir sicher schneller geschafft, wenn uns nicht ein Starkregen erwischt hätte, eine langwierige Baustelle den Weg versperrt und Angelikas Verdauung den Geist aufgegeben hätte. So machen wir einige Zwangspausen an dieser hübschen Panoramastraße, hoch über dem Flüsschen Vinstra.

Ein wenig erinnert uns die Fahrt an unsere Lieblingsstrecke der "Pustertaler Höhenstraße" in Osttirol. Nur hier sind es die schneebedeckten Ausläufer des Jotunheimen, die das Tal einrahmen. Die Häuschen kleben dort genau so am Berghang wie hier!

Es ist genau 14:30, als wir in unserer Unterkunft in Skåbu einchecken. Der freundliche Holländer hat uns ein ganz fantastisches Apartment gegeben! Wir haben eine großartige kleine Sonnenterrasse und wir entspannen, chillen, lesen und schreiben Reiseberichte bis spät in den Abend. Hier bleibt es noch so lange hell, dass sich noch ein kleiner Spaziergang oberhalb des Ortes ausgeht.
Wir gehen früh schlafen, denn morgen wartet das nächste Abenteuer auf uns und es ist noch eine Nummer größer als heute!

Ach ja, und in letzter Minute hat Angelika auch noch am Smartphone die Maut für "Peer Gynt" bezahlt. Online, 15.- für uns beide. War ganz leicht!

Tageskilometer: 110 km

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Kulturreisen auf Abwegen...

Gravel Mode

Eure Transalps haben „nur“ einen „Gravel Mode“? Niedlich.

Antw.:Gravel Mode

Wir haben deine nachfolgenden Postings auf deinen Wunsch gelöscht. Möglicherweise hast du versucht, externe Smilies/GIFs einzubinden? Das mag das System hier gar nicht und dann löscht es den Absatz.
Ganz liebe Grüße
Geli + Didi

PS.: Die Transalps haben mehrere Modi: Standard, Sport, Gravel, Rain und einen frei einstellbaren User-Modus.

Gravel Mode (Fortsetzung)

Der Smiley war schuld. Dann versuche ich es nochmal emotionslos...

Ich wollte eigentlich nur damit angeben, dass meine GS nicht bloß einen niedlichen "Gravel"-, sondern einen ausgewachsenen "Enduro"-Modus hat. Und für die Todesmutigen gibt es sogar einen "Enduro-Pro"-Modus, der aber so gefährlich ist, dass es zu seiner Aktivierung eines gesonderten Codiersteckers bedarf, der sich unter der Sitzbank befindet. Der Fahrer soll sich also ganz bewusst für dieses Risiko entscheiden. In den neueren Modellen braucht man den allerdings nicht mehr, weshalb ich davon ausgehe, dass die nicht mehr so gefährlich sind. :-)

Ich habe neulich aber erstmals gelesen, dass "Enduro" für Straßenreifen und "Enduro Pro" für Stollenreifen optimiert ist. Unwissend wie ich war, bin ich letztes Jahr den ACT Pyrenäen mit Stollenreifen im Enduro-Modus gefahren. Zum Glück ist nichts passiert... ;-)

Antw.:Gravel Mode (Fortsetzung)

:-))))) Klingt abenteuerlich!

Wir könnten wohl unseren "User-Modus" auf extragefährlich programmieren, aber wer will das schon?
Da wir die letzten 200.000 km mit Transalps OHNE jede elektronischen Helferlein absolviert haben (nicht mal ABS hatten wir), sind für uns die kreativen Modi der neuen Transalp schon mehr als genug der Neuerung. ;-)

Du fährst also ACT? Spektakulär!
Liebe Grüße von uns und RIDE SAFE!
Geli und Didi

reise

hallo!
auch wenn ich wenig zeit zu kommentieren habe, lese ich doch immer mit! hat die maut für diese strecke wirklich nur 7,50 pro person gekostet? das ist weniger als ich in österreich für irgendeine maut zahlen muss.
das finde ich erstaunlich!
lg
TinA

Antw.:reise

Hallo! Das war wirklich günstig, oder? Die Mautpreise in ganz Norwegen haben uns doch positiv überrascht, da sind wir in Österreich ganz andere Gebühren gewohnt. Da hast du Recht!
LG
Geli + Didi

piste

das ist ein toller tag! ich weiß nicht, ib ich mit meinem dickschiff dort auch fahren möchte aber die fotos sind schön.
dlzg
der rider

Antw.:piste

Ich selbst würde mit einem "Dickschiff" vielleicht dort nicht fahren wollen, aber grundsätzlich ist das sicher kein Problem! ;-)
LG Geli

Und weiter geht's

Jeden Tag schaue ich ob's denn schon weiter geht :) Endlich werden wir wieder belohnt. Schöne Bilder und interessanter Bericht. Freue mich mit Euch wenn das Wetter mitspielt auf Eurer Reise.
Viel Glück und "ha en god tur"
Gruß Ralf

Antw.:Und weiter geht's

Hi Ralf! Wir freuen uns so, dass du mit uns mitreist!
Dieser Tag war für uns wirklich sehr besonders. Ob das Wetter immer mitgespielt hat?
Nun wir werden sehen...
Grüße von
Geli + Didi

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zuletzt aktualisiert am 20.8.2024