So ein Mist! Als wir den Vorhang zur Seite ziehen, regnet es und es ist ziemlich finster. Nun, vorerst trösten wir uns mit dem großartigen Frühstück aus selbstgemachten Spezialitäten, das Lindy in unserer eleganten Wohnküche vorbereitet hat. Nachdem wir die letzten Brösel von Teller gepickt haben, packen wir unser Zeug zusammen und schlüpfen seufzend in die Regenkombis.
Wir haben nämlich dazugelernt! Dieser Regen kriegt uns nicht mehr! Der ist nämlich hier im Norden richtig fies: Man meint noch großspurig "Ach, das bisschen Niesel halten wir aus" und fährt ohne Regenschutz los und nur wenige Minuten später ist der feine Wasserstaub bis in die allerletzte Ritze vorgedrungen und man sehnt sich nach trockener Unterwäsche. Nö nö, das kennen wir schon.
Es ist schon 11:00, als wir über den schmalen Schotterweg diese schöne Unterkunft verlassen. Es nieselt beständig bei 18°C aber das ist ok! Wir fahren nun nach Karte in den Norden. Enge, schmale Güterwege, allesamt einspurig und nicht alle asphaltiert führen uns über Sejling und Nisset nach Grauballe. Dänische Landwirtschaft breitet sich in alle Richtungen aus und ab und zu durchqueren wir einen verschlafenen Bauernweiler. Sonntags ist Mittjütland eine einsame Gegend!
Auf der R46 wenden wir uns nun nach links. Auf der schnurgeraden Landesstraße geben wir ein wenig Gas, nur um bald darauf wieder Anker zu werfen. Es ist warm geworden und der Regen ist längst vorbei! Huch! Es hat schon fast 30°C! Wir schälen uns eilig aus den Regenklamotten und machen eine längere Trinkpause. Ganz plötzlich ist der Sommer zurück gekommen.
Wir scheuen uns nicht, im Süden von Randers kurz auf die Autobahn aufzufahren und so die Kleinstadt bequem zu umrunden. Wir haben die Route mit Leuchtstift in unsere Karte eingezeichnet und deshalb verlassen wir Randers im Norden auf der R507 Richtung Lem. Die Landschaft hat sich in Nordjütland nicht wesentlich verändert. Nur bevölkern hier bunte Kuhherden die ausgedehnten Weideflächen und das ist eine wunderbare Abwechslung im unendlichen Grün!
Obwohl uns das meditative Dahincruisen über die sanften Hügel viel Spass macht - manche würden es langweilig nennen und natürlich ist es das! - freuen wir uns, dass wir nun immer öfter an hohen schattenspendenden Bäumen und kleinen Siedlungen entlangfahren. Es ist heiß! Wir sind auf dem Weg nach Hadsund, denn das scheint uns der einzige Weg über den Mariagerfjord, der hier von der Ostsee weit ins Land hineinschneidet.
Unvermutet bollern wir über eine lange Brücke - oder ist es ein Damm? - und überqueren den Fjord. Tiefblaues Wasser links und rechts, schmucke Segelhäfen und kleine rote Häuschen am Ufer. Darüber greller Sonnenschein und wir schwitzen gewaltig bei 32°C. Nun sind wir in Hadsund, aber wo gehts jetzt weiter? Wir sollten endlich wieder mal in die Karte schauen, wo wir nun lang fahren müssen!
Oh, genial! Aus den Augenwinkeln erkennen wir einen grellbunten Fastfood-Kiosk rechts am Parkplatz eines gigantischen Superbrugsen. Wir können die Hondas gerade noch einfangen und schon kurven wir auf einen Stellplatz und springen aus den Sätteln. Ohne Verzögerung stiefeln wir in den Midtpunktgrillen und bestellen unser dänisches Standardmenü: "Stor Stjerneskud" für Angelika und Hotdogs für Dietmar.
Es ist 12:00. Zeit für ein ausgewogenes Mittagessen! Ein paar rauhe dänische Motorradfahrer irgendeines MC rutschen freundlich zur Seite, als wir die vollbeladenen Tabletts zu den kleinen Plastiktischen tragen. Was für ein guter Platz! So mögen wir unsere Straßenrandpausen! Zufrieden mampfen wir die große Sternschnuppe und das fett gefüllte Hotdog und spülen mit einem eiskalten Coca-Cola nach.
Die Bikerkollegen erzählen uns, dass Lotte hier seit 30 Jahren ihre Snacks auf den Grill wirft und nur drei Tage im Jahr geschlossen hat. Der Grill ist der erklärte Stammplatz zahlreicher Motorradclubs und ja, das leuchtet uns ein. Das Essen ist frisch, knusprig und lecker!
Es sind nur 12 km bis zur Küste in Als und wir geben ein wenig Gas. Aus den Augenwinkeln nehmen wir die endlosen Pferdeweiden wahr, die sich links und rechts der Straße ausbreiten. Im hübschen Als wartet eine kleine Enttäuschung auf uns. Nein, nicht dass der kleine Ort supertouristisch ist und mit seinen historischen Badehotels an die bekannten Urlauberhotspots an der Adria erinnert. Aber die Küstenstraße R541 verläuft nicht am Meer. Eigentlich sieht man das Meer gar nicht!
Schnurgerade führt die schmale Straße gen Norden. Oh, ab und zu sieht man die Ostsee doch in einiger Entfernung! Manchmal fahren wir durch niedrige Wälder. Es ist richtig schön hier! In Dokkedal fällt uns wieder einmal auf, wie sauber, wie aufgeräumt und luftig-hell dänische Dörfer wirken! Alles ist in freundlichen Farben gestrichen und der blitzblaue Himmel bildet den perfekten Rahmen dazu.
Plötzlich steigt Angelika hart in die Eisen und Didi hält mit schlingernden Reifen direkt hinter ihr. Sie deutet auf ein kleines Schild, das da rechts hoch in Richtung Meer weist: "Mulbjerge". Eigentlich dachten wir ja, an einem Damm entlang zu fahren, aber ein Berg? Nun, einen Berg in Dänemark sollten wir nicht auslassen. So oft gibts die hier nicht!
Neugierig tuckern wir den verwachsenen Schotterpfad bergauf und dann ein Stück über ein Feld. Unvermutet landen wir auf einem kleinen Parkplatz mit einer winzigen Aussichtsplattform. Oh, wie toll! Die längste Zeit schon schwitzen wir bei 34°C in unsere Motorradsachen aber jetzt paddeln wir die Hondas in den schmalen Schatten unter dem Gebüsch. (>> Clip)
Ein paar Holzstufen später schauen wir hinunter auf den pastellfarbenen Strand der Ostsee, der sich unterhalb des mit Blüten bewachsenen Ufers ausbreitet. Wir lesen auf den Schildern, dass wir ins Stejlgabel hinunterblicken und auf einem Moränenhügel stehen. Hübsch! Aber ehrlicherweise nicht halb so schön wie hier im Schatten zu sitzen, etwas Kaltes aus der Thermoskanne zu trinken und den Bienen bei ihrem Tagwerk zuzugucken. Langsam werden wir müde...
Nur noch 10 km bis zur Fähre! Wenig später stehen wir in Egense und schauen hinüber über den Limfjord nach Hals. Hui, wir haben nicht viel Zeit! Schnell bei dem kleinen Automaten um 42 DKK zwei Tickets ziehen und schon rollen wir auf die kleine Fähre, die heuer seit 10 Jahren den östlichsten Zipfel des enormen Fjords überquert, der - soweit wir das aus der Karte erkennen können - Festland Dänemark in zwei Hälften teilt.
Wir haben nur zehn Minuten Zeit, die Farbenpracht um uns herum zu genießen. Das Blau des Meeres unter dem tiefblauen Azur des Himmels, strahlend weiße Segelboote und die winzigen roten Häuschen am Ufer! Und hallo! Was sind das für zwei gewaltig-trutzige Kriegsschiffe im Hafen von Hals?! (Erst viel später werden wir uns erinnern, dass die Danbjørn und die Isbjørn die letzten zwei dänischen Eisbrecher sind, die - seit 10 Jahren arbeitslos - hier auf einen Käufer warten...)
Langsam haben wir für heute genug. Aber es ist noch ein Stück bis Frederikshavn und mit dänischer Geschwindigkeit brauchen wir fast eine Stunde! Ok, diese Stadt empfinden wir beim Vorbeifahren als häßlich. Eigentlich nur ein Mega-Hafen mit angeschlossenen Wohnbezirken: Urlauberfähren teilen sich den Platz mit den Schiffen der dänischen Marinedivisionen. Nur die fremdartigen und futuristisch anmutenden technischen Hafenaufbauten, die in schwindelerregende Höhen ragen, finden wir immer wieder interessant!
Wir halten Ausschau nach einem Supermarkt. Wir beziehen heute ein kleines Appartment und der Kühlschrank will gefüllt werden! Unmittelbar nach der Stadt wird es einsam. Es grenzt schier an Glück, dass wir in Elling einen kleinen coop365 finden! Wir halten uns nicht lange auf und raffen alles in den Einkaufskorb, worauf wir spontan Gusto haben.
Himmel, wird es hier niemals kühler? Es hat immer noch 30°C, als wir eine unendliche Gerade später um 18:00 unsere Unterkunft finden. In Windeseile richten wir uns gemütlich ein, kochen einen Teller leckeres Travellunch und decken den schweren Holztisch auf unserer Terrasse. Während wir in der Abenddämmerung jausnen, dreht sich unsere versiffte Wäsche bereits in der Waschmaschine.
Was für ein gemütlicher Abend! Wir sind die einzigen Gäste an diesem Sonntag und wir genießen die Ruhe in dieser einsamen Gegend. Vor dem Schlafengehen schmieden wir Pläne für morgen. Wir bleiben nun zwei Tage hier!
Tageskilometer: 210 km
Hier geht es weiter: >>klick