So beginnt ein perfekter Urlaubstag! Der Himmel wolkenlos, die Sonne scheint, die 25°C sind fein und zum Frühstück haben wir uns Ham and Eggs gemacht. Wir haben auch noch eine leckere Erdbeermarmelade in unseren Vorräten! Letztendlich verfaulenzen wir den ganzen Vormittag auf unserer kleinen Terrasse und freuen uns einfach, hier zu sein!
Erst um 12:30 starten wir und die Hondas bollern zuverlässig los. Es wird irgendwann einmal sehr schwer, diese alten und so zuverlässigen Kameraden in Rente zu schicken und durch etwas Junges zu ersetzen! Diesen Gedanken verdrängen wir - wie immer - sehr schnell. Denn jetzt geht es erst mal über die R40 zur Nordspitze Dänemarks.
Über endlose Wiesen geht es gemütlich dahin, flach und geradeaus, ohne nennenswerte Vorkommnisse. Wenn man von dem großen SPAR-Markt in Albæk absieht, den wir gedanklich für den Abend notiert haben. Aber ganz plötzlich geschieht etwas: Die Landschaft ändert sich abrupt und wird vollkommen fremdartig!
Wir halten am Straßenrand und schauen uns um. Was für ein sonderbarer Anblick. Wir stehen auf einer ausgetrockneten Ebene (ganz Nordjütland lechzt offenbar nach Regen!) und gucken auf seltsam künstlich anmutende Hügel rund um uns. Aufschüttungen aus Sand, wie die dürre Grasnarbe erkennen lässt. Ein Blick in die Karte erklärt uns: Wir stehen östlich einer enormen Wanderdüne ganz in der Nähe und diese Landschaft hier ist eindeutiger Vorbote. Hier ist alles auf Sand gebaut! (>> Clip)
Andächtig fahren wir weiter, bis wir nach etwa 25 km scharf rechts abbiegen. Wir folgen den Hinweisschildern und landen nach einem kurzen Güterweg durch ein niedriges und ziemlich verdorrtes Wäldchen auf einem hübschen Parkplatz. Obwohl heute Montag ist, ist doch einiges los, aber wir finden ein schattiges Plätzchen für unsere staubig gewordenen Hondas.
Schau! Dort gehts lang zur "Tilsandede Kirke"! Mittlerweile hat es wieder 30°C und wir schwitzen gewaltig, als wir den kleinen Pfad zu dieser Sehenswürdigkeit latschen. Ein Sandweg, der von losem Wurzelwerk und Strandhafer so schlecht und recht befestigt wird. Noch da hoch auf die kleine Anhöhe und unvermutet steht sie vor uns: Die Verschüttete Kirche!
Hinter dieser Kirche steckt eine traurig-dramatische Geschichte! Im Jahr 1450 wurde die Kirche fertiggestellt und dem Heiligen Laurentius geweiht. Ein großes und staatliches Gotteshaus, das größte in der Region! Aber nur 320 Jahre später nahm das Schicksal seinen Lauf. Der alles vernichtende Sand einer Wanderdüne hatte die Kirche erreicht und ab nun hieß es: Schaufelt, was das Zeug hält!
20 Jahre lang schaufelte die Bevölkerung mit Leibeskräften ihre Kirche frei, doch im Jahr 1795 gab man auf. Es war aussichtslos geworden! Die Kirche wurde zugesperrt und verlassen. Der König hatte einige Jahre später die Idee, den hübschen Backsteinturm als Seezeichen zu verwenden und ließ ihn strahlend weiß anfärbeln. Nicht mehr die Kirche, sondern das königliche Leuchtfeueramt war der Besitzer geworden...
Wir eilen zum strahlend weißen Turm, den die enorme Sanddüne vor 230 Jahren übrig gelassen hat. Der Rest liegt nun einige Meter unter dem Sand. Wir können den Anblick des strahlenden Weiß vor dem azurblauen Himmel kaum fassen und knipsen und filmen unsere Finger wund. Wunderschön ist es hier! (>> Clip)
Nun aber eilen wir durch das Turmfenster, das jetzt als ebenerdiger Eingang dient, in das kleine Foyer. Wir wollen da hinaufsteigen! Doch ein Blick auf die enge steinerne Wendeltreppe lässt Angelika den Mut verlieren. Zu hoch, zu eng!
So zahlt nur Didi (umgerechnet) 2,50 Euro Eintritt und quetscht sich über Steinstufen und Holztreppen und -leitern zwei Stockwerke in die Höhe. Ein großartiger Ausblick auf die "Klippenplantage von Skagen" und die tiefblaue Ostsee sind seine Belohnung!
Als wir uns sattgesehen haben, stiefeln wir durch die Dünen wieder Richtung Parkplatz. Oh! Haben wir vorhin den kleinen Kiosk da vorne übersehen? Es ist der perfekte Ort für eine Kaffee-und-Würstchen-Pause, als wir auf dem kleinen Schattenplatz hocken und die leckeren Hotdogs mampfen. Zum Abschied kaufen wir noch einen kleinen Kirchturm aus weißem Gips für unsere Reisevitrine zu Hause...
Jetzt aber weiter! Es sind nur zehn Minuten durch das hübsche Skagen, von dem die Halbinsel Nordjütlands ihren Namen hat und schon kurven wir an einem düsteren Leuchtturm vorbei auf einen weitläufigen Parkplatz bei Grenen. Wir schauen uns kurz um. Muss man hier zahlen? Wir sind unsicher und interpretieren die gelangweilten Gesichter der Parkplatzbewacher als klares "Nein". Oh klasse! Dort vorne gibts sogar eigene Motorradparkplätze!
Um Himmels Willen, es ist so heiß hier! Die Sonne knallt brutal auf die weite Betonfläche und wir beeilen uns, unsere Jacken, Helme und Stiefel am Motorrad zu verstauen. Währenddessen erzählt uns ein italienischer Biker aus dem Val Gardena, dass er noch heute abend die Fähre nach Norwegen erreichen muss. Er ist erstmals auf dem Weg zum Nordkapp! So erfahren wir, dass es auch in Frederikshavn gute Fähren in unser Sehnsuchtsland gibt. Norwegen lässt corona-bedingt erst seit wenigen Tagen wieder Touristen ins Land...
Wir haben nun bequemes Schuhwerk an und steigen über den ersten Hügel. Der Bunker aus dem WK II da drüben interessiert uns heute nicht. (Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, dann hört mal ab 13:00/18:01 Svenja zu: >> klick) Viel spannender finden wir die Frage, ob wir das jetzt schaffen! Da vorne ist das Land aus aber es sind 1,5 km durch tiefen, weichen Sand und wir kämpfen bereits jetzt mit der Puste! Mit zusammengekniffenen Augen können wir unser Ziel in der Ferne erkennen: Grenen, wo sich zwei Meere treffen. Also los! (>> Clip)
Es dauert nicht lange, da hat Angelika ihre Schuhe ausgezogen und die klobige Motorradhose hochgesteckt. An der Wasserkante lässt es sich so ganz gut wandern. Ausserdem genießt sie das lauwarme Wasser der Ostsee, das mit jeder Welle ihre Knöchel umspült und den warmen Sand zwischen den Zehen!
Didi stapft heldenhaft immer noch mitten über den weitläufigen Sand Richtung Norden! Wir halten Ausschau nach Robben, die angeblich oft hier faulenzen aber da haben wir heute Pech. Meine Güte, wie lang sind 1,5 km?!
Wir brauchen eine schwitzende halbe Stunde bis zur Nordspitze Dänemarks und Angelika ist so begeistert, dass sie jubelnd noch ein paar Schritte weiter ins Meer hinaus geht. Ins Meer? Nein eigentlich in die Meere, denn hier treffen einander Nordsee (Skagerrak) und Ostsee (Kattegat) mit voller Wucht! Es ist ein surrealer Anblick, wie die Wellen von allen Richtungen kommen und Angelika reiht sich in die Menge der Touristen, die dieses Schauspiel kniehoch im Wasser genießen. Die Strömungen sind stark und mehrmals droht sie, auf der schmalen Sandbank das Gleichgewicht zu verlieren. Die Motorradhose darf nicht nass werden! Baden ist ausserdem aus gutem Grund verboten.
Wir reißen uns schwer los von diesem magischen Ort! Aber als wir einen Traktorbus entdecken, der hier als Shuttleservice zwischen Parkplatz und Grenen hin- und herfährt, laufen wir los. Noch einmal gehen wir diese anstrengende Strecke sicher nicht zu Fuß!
Eilig zupfen wir eine Corona-Maske hervor, klettern in den "Sandwurm", zahlen die schmale Gebühr von 35 DKK und haben Glück: Nur auf Stehplätzen herrscht in Öffis Maskenpflicht! Wir schmunzeln über diese äußerst kreative Regelung, stopfen die Masken wieder in die Hosentasche und quetschen uns auf die letzten Sitzplätze. Los gehts!
Kurze Minuten wildes Geschaukel später stehen wir wieder am Parkplatz bei unseren Motorrädern und schlüpfen in unsere Motorradstiefel. Während wir uns in die viel zu warmen Jacken winden, spricht uns ein sympathischer Motorradreisender an: Hans59 ist auf dem Weg in seine spanische Heimat. Der Facebooker und Instagrammer ist professioneller Traveller und fährt weltweit spannende Touren. Was für ein cooler Typ! Wir machen noch Fotos voneinander und mit einem letzten Bikergruß verabschieden wir uns.
(Foto: Copyright by Hans59)
Die Hitze und die lange Hatscherei im Sand hat uns müde gemacht. Es sind nur etwa 30 km zu unserem Appartment und wir unterbrechen die zügige Fahrt nur kurz für einen erfolgreichen Einkauf beim SPAR in Albæk. Wir wollen heute selbst kochen. Es gibt Spaghetti Bolognese mit grünem Salat!
Tageskilometer: 70 km
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